So, hier isser nun.
UNTER TAGE
SPOTTLIGHT 16..............(21.03.08 )
Die Palette an merkwürdigen Veranstaltungsorten ist scheinbar noch nicht ausgereizt. Wir hatten Auftritte auf einer Alm (Altenbeken), in Fußballstadien, im Ottensteiner Gebirge, in altehrwürdigen Theaterhäusern, in der Semperoper, auf einer mückenintensiven Wiese im Oderbruch, in zahlreichen Schulgebäuden, im Goetheinstitut zu Boston, sogar im Saarland, in den größten ZHGs der größten Unis, auf der Burgruine zu Hardegsen (wo eigentlich gar keine Burg mehr ist), in Zelten, in Einkaufszentren und Buchläden, sogar im Wildpark Leimsfeld.
Aber bisher noch nie in einem Bergwerk. Einen halben Kilometer unter der Erde. Fern ab jeder Zivilisation, einem Handynetz, oder irgendwem der dir mit Bundesligaergebnissen weiterhelfen kann.
Diese urgemütliche Location ist das Erlebnisbergwerk Merkers, das zur Kassler Kali+Salz AG gehört. Das hat den Vorteil, dass ich jetzt für einige Sätze meinem Hobby, dem Aktienmarkt, fröhnen kann. Die K+S AG ist nämlich im MDax notiert, hat ihren Börsenwert innerhalb des letzten Jahres mehr als verdoppelt und ihre Aktie von unter 80 Euro bis auf über 200 geführt und unter starker Volatilität der letzten Wochen einen Rücksetzer auf ca. 170 gemacht. Bei einem geschätzten KGV von 13,5 für 2009 sehen die meisten Analysten einen fairen Wert von 210 Euro für das Papier, das übrigens im April einen Splitt im Verhältnis 1:4 vornehmen wird. Vor allem in den Sparten Kali und Getreide ist aufgrund anzunehmender weiter steigender Preis einiges an Potential. Die nächste Hauptversammlung ist im Mai, leider jedoch nicht in dem tepräsentativen bergwerk, sondern in der Stadthalle Kassel.
Thof Research findet die Aktie interessant, rät aber aufgrund der momentanen Turbulenzen an den Finanzmärkten nicht zum sofortigen Einstieg.
So, Schluss mit dem Unfug. Kommen wir zur Sache. Merkers zu erreichen, ist nicht so schwer. In Mitten von Metropolen wie Dorndorf und Bad Salzungen liegt das Örtchen Merkers und beheimatet einen schönen K+S-Standort, der als Besucherattraktion ausgebaut wurde. Das so genannte Erlebnisbergwerk ist zwar noch voll im Betrieb, verschafft seinen Besuchern aber die seltene Gelegenheit sich Unter Tage mal richtig umzusehen. Tägliche Führungen verschaffen hochimteressante Einblicke. Wer dazu mehr wissen möchte wende sich an Claudi, die ich extra in eine solche Führung geschickt habe. Den bericht schreibt sie aber leider nicht, weil sie immer noch am Quartettkonzert Halle arbeitet.
Das Hauptgebäude vermittelt zunächst noch mehr eine Art Hallenbadcharakter. Ein Schnellrestaurant, eine Art Rezeption, Büros, alles mit Teppichböden, sauberen Wänden und gut gekleideten Menschen. Allerdings lauert bereits im Hintergrund unauffällig ein großer Aufzug, der für den Transport in die Unterwelt zuständig ist. Man sieht es dem Ding nicht an, aber er legt den halben Kilometer, den wir zurückzulegen planten, in 90 Sekunden zurück. Huiiiiiiiii...
Einen Helm hatten wir übrigens auch bekommen. Einen schicken weißen Helm der mit vortrefflich stand, und vor allem schön leicht war. Im Gegensatz zu dem doofen Stahlhelm, den man mir seinerzeit bei der Bundeswehr zuzumuten für richtig hielt.
Unten angekommen sah das zunächst mehr aus wie im Parkhaus. Ein breiter, gut ausgebauter Gang mit guter Beleuchtung. Dann durch ein Tor.......und was ist das denn ?
Hä ?
Ist das hier wirklich ein Parkhaus ?
Da steht tatsächlich ein riesiger Fuhrpark mit schicken Kübelwagen in Jeepform. Ganz viele.
Wie haben die die Dinger bloß hier her bekommen ? Und was sagt der Tüv dazu ?
Eigentlich hatte ich gedacht, wir würden hier unten jetzt ein paar hundert Meter laufen, und wären dann in dem besagten Großbunker.
Von wegen. Also rein in eines der schicken gelben Autos, und auf der Ladefläche auf einer gepolsterten Bank Platz genommen. Das Ding fährt also los, und im Handumdrehen war da nichts mehr mit gut ausgebauten und beleuchteten Gängen. Das Fahrzeugt jagte mit gefühltem Höllentempo (der Wagen war ja hinten offen, so dass der Wind uns um die Nase blies wie im sprichwörtlichen Itzehoer Herbst) durch ein Labyrinth aus Felsen in Form von endlosen stockdunklen Gängen. Hin und wieder eine Abzweigung, in der der Fahrer dem Wagen eine Kurvenlage abverlangte, die man ihm nicht zugetraut hätte. Wäre uns irgendwo ein Fahrzeug entgegen gekommen, hätte einer der Wagen die beschwerliche Strecke rückwärts bewältigen müssen. Aber irgendwie haben die da wohl ein System geschaffen, das dieses ausschließt. Überhaupt hätte ich nach 3 Abbiegungen nie wieder den Ausgang gefunden, der Fahrer aber gurkte ohne jedes Hinweisschild traumwandlerisch sicher durch das Felsgeflecht.
Die schienen das gesamte deutsche Autobahnnetz hier unten nachgebaut zu haben. Nur eben, dass die Autobahnen nur einspurig, max. 4 Meter breit und 2 Meter hoch waren, und die Autos mit schwachen Scheinwerfern in den Schlund nicht enden wollender Höhlen leuchteten. Dazu wackelt es natürlich fürchterlich, weil das ja hier keine gepflegt betonierten Strassen waren, sondern aus dem Fels geschlagene staubige Wege.
Als ich inzwischen davon überzeugt war, gleich in Recklinghausen raus zu kommen, waren wir plötzlich am Ziel. Der Großbunker des Erlebnisberkwerks Merkers, ungefähr 6 km entfernt vom Aufzug.
Die Länge ist beträchtlich. Ich würde sagen, sie entspricht ungefähr dem Marktkauf-Bau in Nordhausen. Aber dafür ist er wesentlich schmaler, ca 30 - 40 Meter, würde ich schätzen. Dazu vielleicht 20 Meter Höhe, alles natürlich auch felsig und raffiniert beleuchtet. Gute Verpflegung, und links sowie rechts Geränkestände in den Fels gehauen.
Da ganz hinten auf der Bühne lief schon der Soundcheck, und was die Herren zu Gehör brachten, kam bei uns, die wir auf der anderen Seite des Bunkers standen, mit einigem Hall an. Vom Sound her dürfte das ein interessantes Konzert werden.
Es folgten Begrüssungsrituale, Erkundungen und weiterhin gepflegtes Wundern darüber, wie man auf die Idee kommt, an so einem Ort Konzerte zu veranstalten. Immerhin 1200 Besucher hatten hier unten Platz (eigentlich noch mehr, aber weitere Stuhlreihen hätten dann wirklich zu weit weg von der Bühne gestanden, wo der Sound nur noch ein ziemliches Mischmasch ergeben hätte), und 1200 Tickets hatten die auch verkauft. das Ding war also ausverkauft. Und das trotz der 49 Euro fürs Ticket. Jetzt war mir auch klar, wieso die auf den sonst üblichen Ticketpreis von um die 30 Euro für das Quartett glatte 20 aufgeschlagen hatten. Das waren die Kosten für die Grubenralley, die das absolut wert war.
Wer das übrigens wohl nicht so sah, war wohl der Heinz, der sich im Grossbunker zwar tapfer hielt, und auch eine tadellose Leistung ablieferte, aber vermutlich schon in Gedanken an die nun mal erforderliche Rückfahrt etwas unglücklich war.
Im Grunde waren sich ja alle darüber einig, dass man sich besser nicht in letzter Konsequenz klar macht, dass man sich hier einen halben Kilometer unter der Erde befindet. Aber man kann sich auch mit Humor darüber hinweg helfen. Die Leimsfelder Gastgeber Jutta und Gerd waren auch als Gäste geladen, und der Gerd erklärte uns den Vorteil von Salzbergwerken gegenüber dem Schaffensfeld der Kohlekumpel. Im Salzbergwerk könne man sich bei einem Einsturz immer noch freilecken.....
Was nun kommt, kennt ihr schon. Zur Show schreibe ich nämlich nicht mehr viel, und verweise für die, die es noch nicht ausführlich hatten, auf meinen Wesendorf-Report aus dem November, wo ich die Show auf rund 77 Seiten genaustens beschrieb.
Wichtig ist nur, dass das Publikum von Anfang an abging wie die Sau, dass der Applaus aber zum Erscheinen von heinz mitte des ersten Sets nochmal deutlich zunahm, was Purple wie gewohnt mit der hämischen Ankündigung zu "Dumm und reich" quittierte. Der Sound war wirklich problematisch. Ich habe in Reportermanier mehrere Plätze ausprobiert, und etwa ab der Hälfte der Sitzreihen wurde es schwierig. Das optische Problem, dass die Bühne einfach zu niedrig war, ließ sich über die Großleinwand ordentlich ausgleichen, auf der auch geteilte Projektionen möglich waren. Der Klang aber ließ sich weit hinten nicht ausgleichen. Bei den Songs ging es noch, die Ansagen der Künstler bildeten aber so viele Schallwellen, dass sie ganz hinten kaum noch zu verstehen waren. Dafür vorn umso besser. Und daraus folgt, dass die Gemeinsame Sache auch vor vierstelligem Auditorium toll funktioniert.
Überhaupt war es der dritte Auftritt in dieser Besetzung den ich gesehen habe (dem Auftritt in dem komischen Achimer Autohaus war ich ja wegen einer telepathischen Eingebung fern geblieben), und die überschwengliche Begeisterung der Besucher ist wirklich auffällig. Dieses eigentlich nur für einen einzigen Abend konzipierte Programm ist aber auch dermaßen schön, dass es über den klassischen Fan von Heinz oder Purple hinaus auch ganz viele Unbeleckte zu packen im Stande ist. Merkers ist da ein schönes Beispiel, denn dort tummeln sich viele Besucher ja wegen der ungewöhnlichen Location, und schauen gar nicht so genau, wer da grad auftritt.
Einen Irrtum mußte ich mir übrigens noch eingestehen. Ich hatte gedacht, dass hier mal niemand zwischen den Zugaben seinen Platz verläßt, weil er ja ohnehin noch nicht rauskommt. Aber das Gegenteil ist der Fall, weil sich nämlich bereits frühzeitig eine Schlange vor dem Aufzug bildet damit man zu den Ersten gehört, die nach oben kommen. Und wer da eben nicht weiß, dass Heinz, Wolli, Purple und Josef noch etliche Zugaben auf dem Zettel haben, der verpaßt dann doch einiges.
Als dann schließlich ein umjubeltes Konzert beendet war, hatte sich Heinz bereits für die erste Passage eingetragen lassen, um die Rückfahrt möglichst schnell hinter sich zu bringen. Die Signierstunde ließ er sich trotzdem nicht nehmen. Die gab es oben im Hauptgebäude.
Ich selbst hatte übrigens ein bißchen den Anschluss verpaßt, und fürchtete zwischenzeitlich im Bergwerk übernachten zu müssen. Mit dem letzten Trupp von Grubenarbeitern gelangte ich aber schließlich auch wieder ans Tagesli...nee, nix Licht, hell wurde es erst als ich morgens um 6 daheim ankam.